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Kunstwerk des Monats
Dezember 2019 und Januar 2020

Höllentrichter, 2008

Judit Villiger (*1966 in Luzern, lebt und arbeitet in Zürich und Steckborn)
Installative Objektarbeit, Teil der Sammlung Kunst(Zeug)Haus,
Technik: Karton, Papier, Spiegel, LED,
Objektmass: 65 x 140 x 140 cm,
Inv.-Nr. 3368

Die fantastische Welt in Jules Vernes Roman «Reise zum Mittelpunkt der Erde» und Dante Alighieris Beschreibung des Infernos in der «Göttlichen Komödie» geben die literarischen Vorlagen für den Höllentrichter (2008) von Judit Villiger (*1966). Schaut man durch die Öffnung der schwarz bemalten, unscheinbar wirkenden und guckkastenähnlichen Installation aus Karton eröffnet sich eine zauberhaft anmutende, mystische Unterwelt, die aus Karton gebildeten Treppenstufen, bunten, filigranen Papierblumen und diversen Spiegelfragmenten besteht. Ausgehend von den beiden literarischen Geschichten erschuf die Künstlerin ihre eigene installative Interpretation der Unterwelt.

Dantes Vorstellung zufolge ist das Inferno, die Hölle, ein riesiger Trichter, der durch den wuchtigen Aufprall des gefallenen Engels Luzifer auf die Erde entstanden ist. Dieser Trichter gleicht in seiner Form einem antiken Amphitheater mit zehn steilen Terrassen – der Vorhölle sowie den neun Höllenkreisen – und führt zum Mittelpunkt der Erde. Je tiefer der Trichter in die Erde führt, desto kleiner werden die Kreise und desto brutaler werden die Strafen, welche die «Höllenbewohner» erleiden müssen.

In Anlehnung an Dantes düstere Beschreibung der zehn Höllenstufen kreierte Villiger einen «Höllentrichter», der aber in seinem Inneren viel mehr an die fantastisch anmutende Pflanzenwelt in Vernes Roman «Reise zum Mittelpunkt der Erde» erinnert. Villigers Höllentrichter verbindet das Innen und Aussen, Oben und Unten und spiegelt so die Idee wieder, dass, so die Künstlerin, «das neue Leben aus der Erde kommt und sich daher dort die Keimzelle für das Neue als auch der Tod befindet».

Judit Villiger (*1966 in Luzern, lebt und arbeitet in Zürich und Steckborn) absolvierte 1996-1998 ihren Master of Fine Arts an der School of Visual Arts in New York und 1991-1996 ihr Diplom als Zeichen- und Werklehrerin an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Luzern. Sie arbeitet hauptsächlich in den Medien Malerei, Plastik, Installation und Objektkunst.

Text: Xenia Gokhberg

Das «Kunstwerk des Monats Dezember» ist Teil der Ausstellung «Rhythmus, Reihe, Repetition» und kann noch bis 15. Dezember 2019 im Kunst(Zeug)Haus besichtigt werden.

Abb. 1: Judit Villiger, Höllentrichter – Himmelstorte, 2008, 2-teilige Lithografie, Sammlung Kunst(Zeug)Haus

Abb. 4: Sandro Botticelli, Mappa dell' Inferno, ca. 1485, Vatikanische Apostolische Bibliothek